Wenn es um das Thema Geburtspositionen geht, denken viele automatisch an die klassische Rückenlage. Beine hoch, Rücken auf der Liege, alle Anwesenden mit dem besten Blick auf das Geschehen. Doch was heute als „normal“ gilt, ist in Wahrheit alles andere als ideal – zumindest nicht für die Frau, die gerade ein Baby bekommt. Und ja, ich habe hier bewusst ein anderes Bild ausgewählt, denn die Rückenlage sehen wir ja eh in so gut wie jedem Film ;)

Geburt in Rückenlage: Warum sie medizinisch ungünstig ist
Die Rückenlage bei der Geburt ist aus medizinischer Sicht eine der ungünstigsten Geburtspositionen überhaupt. In dieser Haltung drückt die schwere Gebärmutter auf große Blutgefäße, was zu einer schlechteren Sauerstoffversorgung des Babys führen kann. Die Schwerkraft wird dabei vollkommen ignoriert – und genau die wäre beim Gebären eigentlich eine der besten Helferinnen.
Auch der Geburtskanal ist in Rückenlage enger, das Becken öffnet sich nicht vollständig, und die Geburt dauert häufig länger. Studien zeigen, dass die Rückenlage häufiger zu Geburtsverletzungen, Dammschnitten und der Verwendung von Saugglocke oder Zange führt. Und trotzdem: Sie wird noch immer in vielen Krankenhäusern angewendet. Ich frage mich wirklich immer und immer wieder, WARUM? Viele Mamas erzählen mir immer wieder das gleiche diesbezüglich..
Warum wird die Rückenlage bei Geburten trotzdem noch verwendet?
Ganz einfach: Weil sie für Ärzte und Hebammen bequemer ist. In Rückenlage hat das geburtshilfliche Personal den besten Überblick, Zugriff und Kontrolle. Das Problem? Die Gebärende hat in dieser Position am wenigsten Kontrolle über ihren eigenen Körper.
Wenn also "gefragt" wird: „Legen Sie sich mal auf den Rücken“ – dann ist das selten die beste Option für Dich. Vielmehr ist es die einfachste für das Personal. Kein Wunder, dass sich diese Praxis hartnäckig hält.
Die historische Herkunft der Rückenlage bei der Geburt
Wusstest Du, dass diese Position ihren Ursprung nicht in der Medizin, sondern bei einem König hat? Im 17. Jahrhundert wollte Ludwig XIV. der Geburt seiner Kinder zusehen – ein königliches Live-Event, sozusagen. Dafür ließ er seine Geliebten in Rückenlage gebären. Und voilà: Aus dem voyeuristischen Wunsch eines Monarchen wurde ein medizinischer Standard - schräg oder?
Dass dieser Standard über 300 Jahre später immer noch existiert, ist mMn. komplett absurd – und zeigt, wie tief verwurzelt Unwissenheit und Tradition in der Geburtshilfe sein können.
Alternative Geburtspositionen: Was ist besser als Rückenlage?
Zum Glück gibt es viele bessere Alternativen, die den Geburtsverlauf positiv beeinflussen können. Hier einige Beispiele für natürliche Geburtspositionen, die du kennen solltest:
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Die Hocke: Nutzt die Schwerkraft optimal und weitet das Becken.
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Der Vierfüßlerstand: Entlastet den Rücken, hilft bei Sternenguckern.
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Die Seitenlage: Gut für Ruhephasen und langsameren Austritt.
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Eine Geburt im Wasser: Lindert Schmerzen und fördert Entspannung.
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Stehend oder Gehend: Fördert die Wehentätigkeit aktiv.
Diese Positionen bieten nicht nur mehr Kontrolle, sondern oft auch weniger Schmerzen, kürzere Geburtsdauern und weniger medizinische Eingriffe.
Mein Fazit
Es ist an der Zeit, mit dem Mythos der „richtigen“ Position aufzuräumen. Die Geburt in Rückenlage ist ein Relikt aus der Vergangenheit - wo es auch hingehört – bequem für andere, aber selten hilfreich für die Gebärende. Informiere Dich vor der Geburt, sprich mit deiner Hebamme über alternative Geburtspositionen, und nimm Dir das Recht, Dich frei zu bewegen.
Denn Geburt ist kein medizinisches Spektakel – sie ist eine zutiefst körperliche, persönliche und intime Erfahrung. Und die sollte in der Position stattfinden, die für DICH richtig ist. Nicht für das Personal.
Alles Liebe von Herzen,
Eure Tamina
Quellen & Literatur dazu:
Gupta et al. (2017): „Maternal positions in late pregnancy for optimizing birth outcomes“
Cochrane Database of Systematic Reviews - Ergebnis: Aufrechte Geburtspositionen (z. B. Hocke, Vierfüßler, Stehen) sind mit kürzeren Geburtsdauern, weniger operativen Eingriffen und weniger Schmerzen verbunden. Rückenlage wird mit eingeschränkter Beckenerweiterung und weniger effektiven Wehen assoziiert.
WHO-Richtlinien (2018): „WHO recommendations: intrapartum care for a positive childbirth experience“ Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Frauen während der Geburt freie Bewegung und Wahl der Position zu ermöglichen – insbesondere im zweiten Geburtsstadium. Na, wenn's sogar die WHO empfiehlt ;)
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